Chronik 1947 - 1963
Da die Schulchronik der Vorkriegszeit nach dem Ende des 2. Weltkrieges nicht mehr aufzufinden war, beginnen die schulgeschichtlichen Aufzeichnungen der Volksschule Unterwössen am 25. November des Jahres 1947. Der als „kommissarischer Schulleiter" berufene Lehrer und gebürtige Unterwössener, Franz Aberger, berichtet von den noch sehr chaotischen Verhältnissen der ersten Nachkriegsjahre. Die beiden Bilder aus dem Jahre 1925 zeigen die Schule so, wie sie auch 1947 noch ausgesehen hat.
Auf dem zweiten Bild kann man den damaligen Lehrer Merkl mit seiner Familie sehen. Die Lehrerwohnung befand sich im ersten Stock, die Angestellten der Gemeinde waren im Erdgeschoss untergebracht. Da die Klassenräume nicht ausreichten, wurde mitunter Unterricht im Gasthaus Ammer gehalten. Franz Aberger versuchte mit seiner ganzen Energie, diesen Zustand baldmöglichst zu verbessern.
Um sich einen Eindruck über Anzahl der Klassen und Klassenstärke machen zu können, hier eine kurze Aufstellung des Schuljahres 1947/48
Klasse |
Jahrgang/Jahrgänge |
Anzahl der Schüler |
Lehrkraft |
I |
1 |
48 |
Margarete Liemer |
II |
2 |
56 |
Annemarie Steiger |
III |
3 und 5 |
72 |
Irmengard Müller |
IV |
4 |
51 |
Maria Weidhas |
V |
6 bis 8 |
56 |
Franz Aberger |
Gesamt: 283 |
Beim Lesen dieser Zahlen mag es uns heute unmöglich erscheinen, hier noch Unterricht halten zu können. Eine Lehrkraft erkrankte in diesem Schuljahr an TBC und fiel für Monate aus. Mobile Reserven, auch heute Mangelware, gab es damals aber überhaupt nicht.
Die prekäre Raumsituation verbesserte sich etwas, als im Februar 1948 zwei Räume im Pfarrpfründestadel benutzt werden konnten. Franz Aberger schreibt: „3 Klassen können nun Vollunterricht erhalten, während sich 2 Klassen immer noch einen Lehrsaal teilen müssen".
Die Errichtung einer Notschule im Pfarrpfründehaus wurde nach dem 2. Weltkrieg durch den Zuzug von Flüchtlingen, Evakuierten und Heimatvertriebenen unumgänglich. Wegen des großen Baustoffmangels konnte an einen, an sich notwendigen Schulhausneubau, nicht gedacht werden. So entschloss sich der Gemeinderat zum Ausbau des Pfarrpfründestadels, des sogenannten Martinisaales. Das erzbischöfliche Ordinariat erklärte sich bereit, diese Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Der monatliche Mietpreis betrug 20 Reichsmark, die Währungsreform kam ja erst später.
Die Kosten für die Renovierungsarbeiten betrugen 12 790,68 RM. Im Preis enthalten waren 50 neue Zweisitzerbänke, gefertigt von der Schreinerei Josef Rauch aus Unterwössen, für insgesamt 2000 RM. Einige dieser Bänke befinden sich noch heute im Schulhaus, eine davon steht vor dem Sekretariat.
In Unterwössen gab es damals aber nicht nur eine Volksschule, sondern auch eine Berufsschule, die auch von den Jugendlichen aus Oberwössen und Schleching besucht wurde.
In den Sommerferien 1949 wurde das Schulhaus erstmals saniert. So wurde der durchgefaulte Bretterfußboden am Eingang im Erdgeschoss durch einen Pflasterboden ersetzt. Auch die alte Treppe wurde herausgerissen und durch eine breitere Steintreppe ersetzt. Die Schulzimmer erhielten neue Türen und das Gebäude wurde nach vielen Jahren endlich getüncht.
Dass die Räume im Pfarrstadel auch nicht unbedingt optimal waren macht eine Erzählung vom 15. Januar 1950 deutlich. „Der große Schulsaal im neuen Schulhaus ist kaum zu heizen. In der Nähe des Ofens, der oft glühend geheizt wird, um den Raum ein wenig anzuwärmen, braten die Kinder und an der Rückseite frieren sie schier ab. Alle Schüler klagen über kalte Füße. Kein Wunder, denn der Boden blieb beim Ausbau wie er war. Und er bestand nur aus einfachen Bohlen ohne Füllboden und Doppelboden. An manchen Stellen kann man zwischen den Bohlen in die unteren eisigen Räume sehen." Im Februar 1950 kam es bezüglich der Öfen zu einem Zwischenfall. Die Öfen qualmten derart, dass alle Schüler die Klassenräume verlassen mussten. Um die Rauchentwicklung einzudämmen mussten natürlich die Fenster geöffnet werden. So wurde es im ganzen Haus zum Erfrieren kalt. Eine Stunde später wurde der Unterricht in den eiskalten Räumen fortgesetzt. Franz Aberger schreibt: „Ein kalter Winter ist in der Notschule eine Qual!"
Als der Schulrat im Februar 1950 zur Visitation kommt moniert er mitunter, dass die neue Schultreppe immer noch kein Geländer hat. Außerdem ist der Spielplatz für die Pause nicht abgezäunt, so geraten die Kinder beim Spielen immer wieder leicht mitten auf die Fahrbahn der vorbeiführenden Straße.
Im Juli 1950 beriet der Unterwössener Gemeinderat unter Leitung des Bürgermeisters, Otto Stumbeck, erstmals über die Planung eines Schulhausneubaues.
Im Januar 1951 zog die Gemeindeverwaltung aus dem alten Schulhaus aus, wo sie seit ihrem Bestehen untergebracht war. Sie mietete sich jetzt in dem, von Bürgermeister Stumbeck neuerrichteten Haus in der Hauptstraße ein. Dadurch änderte sich die Sachlage und vor allem der Bürgermeister favorisierte einen Umbau des alten Schulhauses und zog diese Variante einem Neubau vor. Der Schulleiter, Franz Aberger, lehnte dieses Ansinnen rundweg ab, weil kein Platz um das Haus vorhanden war.
Nachdem Vertreter der Regierung von Oberbayern nach einer Ortsbesichtigung auf einen Schulhausneubau drängten, begann ein ziemliches Gerangel um einen geeigneten Standort. Ein der Kirche gehörendes Grundstück wurde vom damaligen Ortspfarrer Trenkwalder mit der Begründung nicht verkauft, man wolle an dieser Stelle eine neue Kirche errichten. Damals waren die Kirchenräume für die Sonntagsgottesdienst oftmals noch zu klein.
Eine Grippeepidemie im Januar 1953 – von den 218 Schülern waren 110 erkrankt – führte dazu, dass der Unterricht für 10 Tage ausfiel.
Wie sich die Zeiten ändern. Am 27. September 1953 predigt Pfarrer Trenwalder über „kursierende Schundliteratur". Der Schulleiter bat daraufhin den Pfarrer, er möge dies präzisieren. Schließlich stellte sich heraus, dass das „corpus delicti" einige Wildwesthefte waren, die unter den Knaben herumgereicht wurden. Franz Aberger ließ diesbezüglich eine Umfrage anstellen, demnach gaben mitunter 8 Schüler an, kein Wildwestheft gelesen zu haben, während 4 gleich mehr als 200 solcher Hefte verschlungen haben.
Im Oktober 1953 kommt wieder Bewegung in die Sache Schulhausneubau. Jetzt sollen sowohl ein neues Rathaus als auch eine neue Schule gebaut werden. Im März 1954 fand die Verbriefung des Grundstückskaufes statt. Im April 1956 legt Architekt Krumpholz die Erstentwürfe vor. Am 5. September 1957 rollten endlich die Bagger an und es wurde mit dem Neubau begonnen.
Mit Beginn der Schuljahres 1957/58 wurde die landwirtschaftliche Berufsschule in Unterwössen aufgelöst und dem Berufsschulverband Grassau zugeordnet.
Am 28. November 1959 wurde das neu errichtete Schulgebäude anlässlich einer Feierstunde offiziell seiner Bestimmung übergeben.
Schon 1963 stellte sich heraus, dass die Decken einiger Klassenräume und des Foyers einsturzgefährdet seien, da sie aus Tonerdschmelzzement hergestellt wurden. Das Foyer, es wurde in dieser Zeit – die Kirche wurde ja umgebaut – für die Sonntagsgottesdienste, durften Schüler nicht mehr betreten.